Leitsatz 0045:
 
 

Amtsgericht Augsburg
Urteil vom 19.02.2002
Aktenzeichen: 20 C 5057/01
Normen: § 535 BGB
 

Ist der Mieter vertraglich verpflichtet, den mitvermieteten Gartenanteil zu pflegen, so berechtigt ihn das nicht, dort ein Hochbeet, das 70 cm über dem Gartenniveau liegt, und einen Komposthaufen anzulegen.
 
 

unveröffentlicht.
 

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend.

Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung S.straße ... in Augsburg, Parterre (Wohnung Nr. ...). Diese Wohnung gehört zu der WEG-Wohnanlage Augsburg, S.straße ... Mit der Wohnung verbunden ist das Sondernutzungsrecht an einem Gartenanteil von ca. 40 m².

Der Kläger hat diese Wohnung mit Mietvertrag vom 02.11.1994 an die Beklagten vermietet. Gemäß § 1 des Mietvertrages wurde der Garten mitvermietet. Hinsichtlich dieses Gartens enthält der Vertrag in § 20 folgende Klausel:

„Der Mieter verpflichtet sich, den Garten zu pflegen, das Gras zu mähen und kurzzuhalten“.

Auf der Gartenfläche haben die Beklagten ein Hochbeet angelegt, auf dem Gemüse und Blumen angepflanzt werden, ferner wurde ein Komposthaufen auf der Gartenfläche installiert. Das Hochbeet liegt ca. 70 cm über dem Gartenniveau. An den Seiten wird es durch Holzbretter gefaßt, das Hochbeet befindet sich wohl entlang der Hausmauer als auch entlang der Grenze zum Nachbargrundstück. In einer Ecke des Gartens befindet sich ein ca. 1 m² großer, offener Komposthaufen, der ebenfalls durch Holzlatten eingegrenzt wird. Die Beklagten haben Hochbeet und Komposthaufen im Jahr 1995 angelegt.

In der Versammlung vom 29.06.2000 hat die Eigentümergemeinschaft mit Hinweis auf die Regelungen im Nachtrag zur Teilungserteilung, sowie das Rücksichtnahmegebot des § 14 WEG beschlossen, den Kläger aufzufordern, den Komposthaufen und das Hochbeet bis 15.08.2000 zu beseitigen und nach Fristablauf den Beseitigungsanspruch auf dem Rechtswege geltend zu machen. In Ziff. II der Änderung der Teilungserklärung vom 13.11.1979 ist festgelegt, daß eine kleingärtnerische Nutzung unzulässig ist.

Aufgrund dieses Beschlusses hat der Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 12.07.2000 zur Entfernung von Hochbeet und Komposthaufen aufgefordert.

Bei Übernahme des Mietobjekts durch die Beklagten war ein Blumenbeet vorhanden und im übrigen der Garten als Ziergarten genutzt.

Der Kläger macht geltend, daß die Beklagten den Garten als Ziergarten übernommen hätten und ist der Auffassung, daß sie nunmehr nicht berechtigt seien, den Garten in einen Nutzgarten umzugestalten. Die Beklagten hätten eine Strukturänderung des Gartens vorgenommen. Die Hochbeete und der Komposthaufen würden den Gesamteindruck der Wohnanlage stören. Im Hinblick auf die Größe des Gartens und die Größe des Hochbeets und des Komposthaufens gehe nunmehr eine kleingärtnerische Nutzung vor, wozu die Beklagten nicht berechtigt seien.

Der Kläger beantragt:

1.  Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das von ihnen angelegte Hochbeet auf der Gartenfläche der Wohnung S.traße ..., Augsburg, Parterre, zu entfernen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den auf der Gartenfläche, zugehörig zu der Wohnung S.straße ..., Augsburg, Parterre, befindlichen Komposthaufen zu entfernen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, eine Nutzung der Gartenfläche in den Hochbeeten, zugehörig zu der Wohnung S.straße ... in Augsburg, Parterre, zum Zwecke der Anpflanzung von Gemüse zu unterlassen.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Sie tragen vor, daß die Möglichkeit der Nutzung des Gartens der Grund dafür war, daß überhaupt das Mietverhältnis zwischen den Parteien zustandegekommen sei. Ohne die Erlaubnis, den Garten im Rahmen des üblichen nutzen zu können, wären die Beklagten das streitgegenständliche Mietverhältnis überhaupt nicht eingegangen. Die Beklagten machen geltend, daß bereits bei Beginn des Mietverhältnisses ein verwildertes Blumenbeet vorhanden gewesen sei und sind der Auffassung, daß sich das angelegte Hochbeet und der Komposthaufen m Rahmen der üblichen Nutzung eines ohne Auflage mitvermieteten Gartens halten und das Verlangen des Klägers gegen Treu und Glauben verstoße. Ferner meinen sie, daß Beschlüsse der Eigentümerversammlung das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht berühren würden, solche Beschlüsse für den Mieter keine Wirkung entfalten würden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der Zeugin Erna Merkle. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll vom 22.01.2002 verwiesen.
 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

1.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 29.06.2000. Denn die Beschlüsse der WEG regeln nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (§§ 23, 14 WEG) und binden daher grundsätzlich den Mieter nicht.

2.
Die Parteien haben auch im Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung dahingehend getroffen, daß die Beklagten als Mieter verpflichtet sind, Mehrheitsbeschlüssen der WEG nachzukommen.

Im Mietvertrag ist auch keine Regelung darüber getroffen worden, daß eine kleingärtnerische Nutzung untersagt ist und daß den Beklagten untersagt ist, einen Komposthaufen und Hochbeete anzulegen.

Der Beklagte hat auch erklärt, daß ihm zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bekannt war, daß er in dem streitgegenständlichen Garten ein Hochbeet anlegen würde.

Die Zeugin Erna Merkle hat glaubhaft versichert, daß während der Verhandlungen zum Mietvertrag über die Gartennutzung überhaupt nicht gesprochen worden sei, daß hinsichtlich der Gartennutzung in § 20 alles Erforderliche aufgenommen worden sei.

3.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagten ergibt sich aber aus § 541 BGB, da die Beklagten trotz einer Abmahnung des Klägers den vertragswidrigen Gebrauch des Gartens fortsetzen.

Die Anlage des Hochbeets unter einem derartigen Aufmaß und das Aufstellen des Komposthaufens stellt einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar. Denn durch diese Umgestaltung wurde der Charakter der Gartenfläche von einem Ziergarten zu einem Nutzgarten verändert. Der Komposthaufen und der Nutzgarten nehmen fast ¼ der gesamten Gartenfläche in Anspruch, zudem wird ein Großteil der Gartenfläche aus einer Terrasse gebildet, so daß Hochbeet und Komposthaufen im Garten dominieren. Das Erscheinungsbild der Gartenfläche entspricht daher nicht mehr dem eines Ziergartens, dazu trägt auch bei, daß das Hochbeet einen beträchtlichen Teil der Längs- und der Querseite des Gartens einnimmt und durch seine Einfassung mit Holzbrettern sehr massiv wirkt.

Das Gericht hat sich selbst vor Ort ein Bild über den streitgegenständlichen Garten gemacht und kommt zu dem Ergebnis, daß eine solche Umgestaltung der Gartenfläche nicht der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien und nicht der vertragsgemäßen Nutzung entspricht. Zwar ist die Gartenfläche nach § 1 des Mietvertrages ausdrücklich mitvermietet worden, was aber nicht bedeutet, daß die Beklagten zu einer derartigen Umgestaltung des Gartens berechtigt sind.

Nachdem eine ausdrückliche Regelung über die Umgestaltung des Gartens nicht getroffen worden ist, hat der Vertrag gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf Verkehrssitte es erfordern. Da keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, ist daher davon auszugehen, daß eine Gartennutzung im Rahmen des üblichen vereinbart wurde. üblich ist jedoch, daß die Mitvermietung eines Gartens den Mieter nur berechtigt, geringfügige Umgestaltungen vorzunehmen, die bei Mietende wieder beseitigt werden können. Eine Beseitigung von Hochbeet und Komposthaufen ist sicherlich möglich. Diese Anlagen können jedoch nicht mehr als geringfügige Umgestaltung angesehen werden, da sie den Charakter des Gartens als Nutzgarten verändert haben.

Zudem handelt es sich um die Gartenfläche einer Wohnanlage und nicht eines Einfamilienhauses. Hinsichtlich der Befugnis zur Gestaltung einer solchen Gartenfläche gelten strengere Anforderungen, damit das einheitliche Bild der Wohnanlage nicht beeinträchtigt wird. Die von den Beklagten vorgenommenen Anlagen beeinträchtigen das einheitliche Bild der Wohnanlage, da ein Nutzgarten mit einem aufgrund seiner Holzbretter massiv wirkenden Hochbeet und eines Komposthaufens, umfaßt mit Brettern, sich nicht mit den übrigen Ziergärten in Einklang bringen läßt. Ferner sind die Gartenflächen bei Wohnanlagen deutlich kleiner als bei Einfamilienhäusern. Vorliegende Fläche nimmt einschließlich der Terrasse nur ca. 40 m² ein. Auf einer solchen Fläche wirken sich Umgestaltungen in ungleich stärkerem Maße aus als im Garten eines Einfamilienhauses. Soweit bislang von der Rechtsprechung die Anlage von Hochbeeten oder Teichen anerkannt wurde, betraf dies größere Gartenflächen.

Daher liegt ein vertragswidriger Gebrauch der Beklagten vor. Der Kläger hat diese wiederholt zur Unterlassung und Beseitigung aufgefordert, so daß die erforderliche Abmahnung vorliegt.

Zu dem Anspruch auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs aus § 541 BGB gehört auch die Beseitigung des vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes. Daher sind die Beklagten gemäß § 541 BGB zur Beseitigung des Hochbeetes und des Komposthaufens verpflichtet.

Hinsichtlich des Komposthaufens ist noch folgendes anzumerken:

Das Halten eines Komposthaufens im Garten ist an sich üblich.

Der streitgegenständliche entspricht jedoch nach Ausmaß, Höhe und Erscheinungsbild dem des Hochbeetes. Aus diesem Grunde sind die Beklagten auch zur Beseitigung verpflichtet. Gegen einen mit Deckel versehenen kleineren Kompostbehälter würden keine Bedenken bestehen.

Die Tatsache, daß das Hochbeet und der Komposthaufen bereits seit dem jahr 1995 angelegt ist, führt auch nicht zu einer anderen Bewertung. Es sind keine Voraussetzungen für eine Verwirkung ersichtlich, da es sowohl am zeit- als auch am Umstandsmoment fehlt.

Die Beseitigungsanordnung verstößt auch sonst nicht gegen das Gebot von Treu und Glauben. Die Untersagung der Nutzung des Gartens in der jetzigen Form stört den Charakter der Gesamtanlage und stellt einen vertragswidrigen Gebrauch dar.

Da durch die Anlage des Hochbeetes ein vertragswidriger Gebrauch entstanden ist und bei Mietbeginn unstreitig nur ein Blumenbeet vorhanden war, sind die Beklagten auch verpflichtet, eine Nutzung des Hochbeetes zum Zweck eder Anpflanzung von Gemüse zu unterlassen.

Die Klage hatte daher in vollem Umfang Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
 
 

Stand: 31. Januar 2005
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